Die Bundestagswahl vom 23.02.25 dürfte auch dem letzten Zweifelnden eins
klar gemacht haben: Die größte Bedrohung unserer Demokratie geht von
der Spaltung der Gesellschaft zwischen Arm und Reich aus.
Immer mehr Abgehängte, Menschen mit wenig Geld und kaum
Perspektive wählen ausgerechnet die Partei, die ihreInteressen
am wenigstens vertritt: Die rechtsextreme und demokratiefeindliche
AfD.
Fabian Steenken betont als Geschäftsführer der Landesarmutskonferenz LAK
Niedersachsen:„Erste Analysen der LAK, die sich auf den „Wahlbericht in der Region Hannover“ berufen, belegen den Zusammenhang von Armut und Demokratiebedrohung eindeutig: Die AfD kommt in Hannover auf 11,6 Prozent der Stimmen (+6,3 Prozentpunkte) und hat ihre Stimmenanteile gegenüber 2021 damit mehr als verdoppelt. In den Stadtteilen Mühlenberg (26,4
Prozent), Bornum (21,6 Prozent), Sahlkamp (21,2 Prozent), Vahrenheide (21,1
Prozent) kann die AfD mehr als 20 Prozent der Stimmenanteile auf sich vereinen.
Das sind alles benachteiligte Stadtteile und soziale Brennpunkte mit hohen
Armuts-und Arbeitslosenquoten. Hier sind auch durchgängig die
Wahlbeteiligungen am niedrigsten, teilweise unter 70 Prozent, also
weit unter dem Stadtwert, wie in Vahrenheide.
Interessanterweise ist es gerade in sozialen Brennpunkten der AfD gelungen,
Nichtwählende zu mobilisieren: In Stadtteilen mit eher unterdurchschnittlicher
Wahlbeteiligung und hoher Armutsquote ist zu beobachten, dass die Zunahme
der Wahlbeteiligung höher als im Durchschnitt ausfällt: Am höchsten in
Vahrenheide (+16,3 Prozentpunkte) und Mühlenberg (+17,1 Prozentpunkte),
wo die AfD jeweils über 20 Prozent erzielt.
In den klassisch wohlhabenden Stadtteilen ist die Wahlbeteiligung dagegen
extrem hoch: Isernhagen-Süd (91,7 Prozent) und im Zooviertel (90,9 Prozent).
Ein Fazit: Reiche nehmen ihre Interessen viel stärker wahr als
Arme, die obendrein noch verstärkt gegen ihre Interessen wählen.
Die Ursachen liegen auf der Hand: Niedriger Bildungsstand,
Informationsmangel, Perspektivlosigkeit, Angst vor der Zukunft,
Überforderung durch die Polykrisen, all das bildet einen explosiven
Cocktail. Resultat: Der Vormarsch der AfD scheint unaufhaltsam.“
Eine Ursache für diese katastrophale Entwicklung laut Steenken:„Auf der einen Seite explodieren die Vermögen in unserem Land, die Superreichen werden immer mehr und reicher, auf der anderen Seite werden die Armen immer ärmer. Ihnen bleibt durch dauerhaft hohe Preise bei Grundnahrungsmitteln und Energie sowie dramatisch steigende Mieten in Ballungsräumen am Ende des Monats oft nur die Wahl zwischen Heizen oder Essen, schlimmstenfalls die Perspektive, die Wohnung zu verlieren. Angst und Hoffnungslosigkeit treiben die Menschen zusehends in die Arme von Demokratiefeinden. Wer allen Ernstes glaubt, mit einer Politik des unsozialen „Weiter so“ sei die Krise der Demokratie zu beheben, ist entweder naiv oder schlimmeres.“
Ein Kardinalfehler ist laut Landesarmutskonferenz die mangelnde Präsenz von
Staat und Gesellschaft in sozialen Brennpunkten. Das wurde während Corona
deutlich und setzt sich fort. Niedrigschwellige Informations-, Aufklärungs-
und Beratungsangebote sind nach wie vor Mangelware. Die Menschen
fühlen sich nicht gesehen, geschweige denn wertgeschätzt.
Wo sind dort regelmäßige Infostände während Wochenmärkten,
dauerhafte Gesundheitskioske in Niedersachsen, öffentliche Aktionen
und Feste von Parteien, Verbänden, Organisationen? Ganz zu
schweigen von einem sozialen Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose.
Langzeitarbeitslosigkeit wird zu einem wachsenden Problem in Zeiten von Rezession.
Die LAK fordert daher unter anderem:
– Niedrigschwellige Informations-, Aufklärungs- und Beratungsangebote in sozialen Brennpunkten
– Sozialer Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose
– Vermögensabgabe für Superreiche zur Finanzierung des Gemeinwesens